Franz-Joseph-Saal
Vom Ausgleich 1867 zur Entfesselung des Ersten Weltkrieges 1914
Informationsblatt zum Franz-Joseph-Saal
Informationsblatt Lebensrealitäten 1867 - 1914
Die Niederlage Österreichs im Jahr 1866 hatte für die Habsburgermonarchie weitreichende Folgen. Sie verlor ihren Einfluss auf die Politik der deutschen Staaten und in Italien und führte eine Strukturreform durch, die als „Ausgleich“ bezeichnet wurde. Mit dem Ausgleich wurde das Verhältnis der Länder der ungarischen Krone zum übrigen Reich neu geregelt.
Die Habsburgermonarchie zerfiel nun in zwei Reichsteile, nämlich die „im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ (Cisleithanien) und die Länder der ungarischen Krone (Transleithanien).
Von 1867 an galten nur mehr drei Bereiche als gemeinsame Reichsangelegenheit, nämlich die Außen-, die Finanz- und die Militärpolitik. Obwohl damit eine gesamtstaatliche Armee erhalten blieb, hatte der Ausgleich auch für das Heer weitreichende Folgen.
Neuordnung des Heeres
Neben dem gemeinsamen (ab 1889 kaiserlichen und königlichen, k. u. k.) Heer und der k. (u.) k. Kriegsmarine wurde nun für jede der beiden Reichshälften eine eigene (Teil-) Streitkraft geschaffen:
- die königlich-ungarische (k. u.) Honvéd
die kaiserlich-königliche (k. k.) Landwehr
Dabei war insbesondere Ungarn bestrebt, die eigene Landwehr auf Kosten des gemeinsamen Heeres zu stärken. Die k. u. k. Armee, die neben der Beamtenschaft und dem Herrscherhaus als eine der Stützen des übernationalen Staatswesens galt, war in den letzten Jahrzehnten des Habsburgerreiches immer stärker von nationalen Spannungen und den innenpolitischen Konflikten um die Zukunft des Staates beeinflusst.
Sie war auch eine Armee, in der sich die sprachliche und religiöse Vielfalt des Habsburgerreiches spiegelte. So gab es etwa neben Militärgeistlichen katholischer, protestantischer und orthodoxer Konfession auch Feldrabbiner und Militärimame, und in beinahe der Hälfte aller Infanterieregimenter waren zwei oder mehr Sprachen als Regimentssprachen in Gebrauch.
Der Okkupationsfeldzug 1878
Die Friedensperiode von 1867 bis 1914 wurde aus österreichisch-ungarischer Sicht nur von einem größeren militärischen Ereignis unterbrochen, dem sogenannten Okkupationsfeldzug von 1878.
Damals besetzten österreichisch-ungarische Truppen auf Basis der Beschlüsse des Berliner Kongresses unter dem Kommando von Feldzeugmeister Joseph Freiherrn Philippović von Philippsberg (1818 – 1889) die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina.
Diese Okkupation wurde 1908 in eine Annexion umgewandelt, womit sich die Spannungen zwischen Österreich-Ungarn, Serbien und Russland verschärften. Dies geschah zu einer Zeit, als die Entwicklung der Balkanhalbinsel allgemein von großer Instabilität, Grenzverschiebungen und einer Verdrängung des Osmanischen Reiches geprägt war. Immer mehr drohten die Krisen am Balkan zu einer Bedrohung für den Frieden in Europa zu werden.
Österreich-Ungarn stützte sich dabei außenpolitisch vor allem auf den seit 1879 mit dem Deutschen Reich bestehenden „Zweibund“, der 1882 um Italien zum „Dreibund“ erweitert worden war.
Spannungen zwischen den Nationalitäten
Während der Jahrzehnte nach 1867 zeigte sich deutlich, dass der Nationalismus im Habsburgerreich immer mehr Fuß fasste. Der Ausgleich war für viele Nationalitäten keine befriedigende Lösung. Die Forderungen der insgesamt elf größeren Nationalitäten gingen in Richtung von mehr Autonomie und (kultureller) Selbstbestimmung. Dies hätte einen weitreichenden Umbau der Doppelmonarchie nötig gemacht.
Hoffnungen auf eine Staatsreform verbanden sich nicht zuletzt mit dem jungen, als liberal geltenden Kronprinz Rudolf, und nach dessen Tod mit dem neuen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand (1863- 1914). Diese beiden waren jedoch nicht in erster Reihe bestimmend für die Politik Österreich-Ungarns, welche in der ungarischen Reichshälfte sogar zu Versuchen führte, alle nicht-ungarischen Nationalitäten zu assimilieren. In Cisleithanien gelang es trotz des geschickten Taktierens des Kaisers, einer liberalen Verfassung und einiger kleinerer, vielversprechender Reformen nicht, die politischen Spannungen zwischen den Nationalitäten auszugleichen. Obwohl eine Auflösung der Monarchie und Bildung von Nationalstaaten an ihrer Stelle in Friedenszeiten wohl kaum jemandem als realistisch erschien, so war die „Nationalitätenfrage“ in der Zeit des Weltkrieges schließlich einer der Faktoren, der zum Ende der Habsburgerherrschaft führten.